Deutschlands Direktinvestitionen in Afrika bleiben niedrig

Deutschlands Direktinvestitionen in Afrika bleiben niedrig

Helmut Reisen

Die Deutsche Bundesbank hat Ende April 2019 die neueste Bestandserhebung über Direktinvestitionen 2019 vorgelegt[1]. Die Publikation enthält Angaben über deutsche Bruttoforderungen aus aktiven Direktinvestitionen und, abzüglich der damit verbundenen Verbindlichkeiten, auch die Nettoforderungen. Informativ sind auch die Kenngrößen der investierenden deutschen Unternehmen in den Zielländern, nämlich Anzahl, Beschäftigte und Umsatz. Tabelle 1 fasst die Rolle Afrikas bei deutschen Direktinvestitionen für das letzte Beobachtungsjahr 2017 zusammen.

 

Tabelle 1: Deutsche Direktinvestitionen in Afrika, Bestände 2017

  Mrd. Euro/Anzahl Anteil Afrika/Welt, vH.
Bruttoforderungen, € Mrd. 9,2 0,6
Nettoforderungen, € Mrd. 8,4 0,8
Anzahl Unternehmen 849 2,2
Beschäftigte, Tsd. 201 2,6
Jahresumsatz, € Mrd. 30,8 1,0

Quelle: Deutsche Bundesbank

 

Die weltweiten Bruttoforderungen deutscher Unternehmen aus aktiven Direktinvestitionen betrugen Ende 2017 weltweit €1.568 Milliarden; der Anteil Afrikas betrug €9,2 Milliarden, also 0,6 Prozent. Hinsichtlich der Nettoforderungen war Afrikas Anteil etwas höher, 0,8 Prozent. Erklärung: Direktinvestitionen können durch Kreditaufnahme im Zielland gegen Wechselkursrisiken abgesichert werden, weswegen die weltweiten Nettoforderungen nur zwei Drittel der deutschen Bruttoforderungen betragen. In Afrika sind jedoch die lokalen Finanzmärkte im Vergleich zum Rest der Welt wenig entwickelt, weshalb die dort getätigten Direktinvestitionen relativ geringer durch gegenläufige Kredite abgesichert werden.

Der Anteil Afrikas am Jahresumsatz deutscher Unternehmen mit aktiven Direktinvestitionen betrug 1 Prozent. Die in Afrika investierenden Unternehmen waren relativ zahlreicher mit einem Anteil von 2,2 Prozent. Der Anteil der in Afrika Beschäftigten war relativ noch wichtiger, mit 2,6 Prozent der weltweit in deutschen Unternehmen Beschäftigten. Diese Kennzahlen deuten darauf hin, dass die investierten deutschen Unternehmen in Afrika kleiner und arbeitsintensiver sind als anderswo in der Welt. Damit dürfte ihr entwicklungspolitischer Beitrag in Afrika relativ bedeutsamer sein, als es die Prozentanteile der Investitionsbestände vermuten lassen.

Die Bedeutung selbst ganz Afrikas ist für die deutschen Direktinvestitionen sehr niedrig; sie tendiert aber erst recht gegen Null, wenn man Nordafrika, Südafrika und das Steuerparadies Mauritius (Stichwort Mauritiusleak) herausrechnet. Deutsche Unternehmen konzentrieren sich traditionell fast ausschließlich auf Nordafrika (hier besonders Ägypten) und Südafrika. Die KfW stellte unlängst fest: „Zwischen Kairo und Johannesburg sind kaum deutsche Unternehmen zu finden. Die Unternehmen der anderen großen Industrienationen, Frankreich, Großbritannien und die USA sind regional breiter aufgestellt. Die gemeinsame Sprache und die kulturelle Nähe durch die afrikanische Diaspora, sind hierfür wichtige Gründe“[2].

 

Tabelle 2: Geografische Verteilung der Direktinvestitionen 2016, $ Mrd.

  Deutschland Frankreich Italien UK USA
Nordafrika 3,7 16,2 18,2 16,3 28,4
Subsahara 1,8 30,1 2,0 30,1 23,9
Südafrika 5,2 2,0 1,6 19,7 5,0
Gesamt 10,7 48,3 21,8 66,1 57,3

Quelle: Tim Heinemann, KfW

 

Der Fokus deutscher Unternehmen außerhalb des OECD-Raums liegt hingegen auf Asien und Osteuropa. Der Bestand an Direktinvestitionen ist in diesen Regionen mehr als zehnmal höher als in Afrika. In Osteuropa ließ sich nahe der europäischen Absatzmärkte kostengünstig produzieren. In Asien lockte bislang der höhere Grad der Industrialisierung und die größere Mittelschicht. Sicher, der Maghreb liegt geografisch nahe und Afrikas Mittelschicht wächst – perspektivisch lässt sich daher ein Anstieg deutscher Direktinvestitionen nach Afrika durchaus erwarten. Allerdings wirken Afrikas hohe Lohnstückkosten als Bremser für Direktinvestitionen in der industriellen Fertigung[3].

Im Rahmen des ´G20 Compact with Africa´ (CwA) versucht die Bundesregierung seit 2017, die deutschen Direktinvestitionen in zwölf ausgewählten afrikanischen Partnerländern anzukurbeln. Darunter befinden sich drei aussichtsreiche Schwellenländer Nordafrikas (Ägypten, Marokko, Tunesien), aber auch neun ärmste Länder südlich der Sahara (Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Côte d´Ivoire, Ghana, Guinea, Ruanda, Senegal, Togo).

 

Tabelle 3: Deutsche Netto-Direktinvestitionen in Afrika, 2016-18, € Mio.

Transaktionswerte laut Zahlungsbilanzstatistik

  2016 2017 2018
Nordafrika

– CwA

1.198

1.037

418

-4

1.445

1.325

Subsahara

-CwA

82

23

145

8

66

15

Südafrika 445 553 429
Gesamt

-CwA

1.725

1.060

1.116

4

1.940

1.340

Quelle: Deutsche Bundesbank, Zahlungsbilanzstatistik, Xcel-Datei, 14. August 2018

Anm: Transaktionswerte können negativ sein; die aufgeführten Positionen sind saldiert.

 

Unveröffentlichte Daten[4], welche von der Deutschen Bundesbank zur Verfügung gestellt wurden, erlauben nun eine statistische Erfassung deutscher Direktinvestitionen in den einzelnen Ländern Afrikas bis hin zum Jahr 2018. Marokko als Ausreißer erhielt im Jahr 2018 € 1.199 Mio. an deutschen Netto-Direktinvestitionen, vermutlich wegen Bauinvestitionen für das Solarkraftwerk Ouarzazate[5], das lange vor dem CwA angestoßen worden war. Sieht man vom Einzelfall Marokko einmal ab, erhielten die afrikanischen CwA-Partner per Saldo weniger deutsche Direktinvestitionen. Allerdings sind deutsche Direktinvestitionen nach Äthiopien kontinuierlich gestiegen in den letzten beiden Jahren. Wir haben es jetzt also amtlich. Bislang bleibt der CwA ein Potemkinsches Dorf, mit bunten Attrappen in Form von Absichtserklärungen und Konferenzen[6].

[1] Deutsche Bundesbank (2019), Bestandserhebung über Direktinvestitionen 2019, Statistische Sonderveröffentlichung 10, 30. April.

[2] Tim Heinemann (2018), Warum halten sich deutsche Unternehmen mit Investitionen in Afrika zurück? KfW Research Nr. 171, 27. Dezember.

[3] Robert Kappel (2018), „Afrika braucht einen anderen Entwicklungsweg“, MAKRONOM, 29.Mai.

[4] Deutsche Bundesbank (2019), Inländische Netto-Direktinvestitionen im Ausland, Transaktionswerte lt. Zahlungsbilanzstatistik, Xcel-Datei, 14. August.

[5] Einzelangaben werden aus Gründen der Geheimhaltung von der Bundesbank nicht veröffentlicht.

[6] Es bleibt abzuwarten, ob der im Sommer 2019 aufgelegte Entwicklungsfonds etwas daran ändern wird.

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